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Fact Sheet 1
Was ist ME/CFS?
Übersicht
- ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) ist eine Krankheit, die das Leben der Betroffenen erheblich, oft schwerwiegend und in der Regel langfristig beeinträchtigt.
- Die Krankheit betrifft etwa einen von 250 Menschen, darunter auch Kinder.
- Zu den Symptomen gehören Unwohlsein und Erschöpfung, Schwierigkeiten aufrecht zu stehen oder zu sitzen, Schmerzen, sowie Denk- und Konzentrationsprobleme.
- Auf körperliche oder geistige Aktivität kann Stunden oder Tage später eine lang anhaltende Verschlimmerung der Krankheit folgen. Dies wird als post-exertionelle Malaise bezeichnet.
- ME/CFS macht es schwierig oder unmöglich einer Arbeit nachzugehen, die Schule zu besuchen oder ein soziales Leben zu führen. Einige Betroffene sind ans Haus oder ans Bett gebunden.
- Es gibt weder eine bekannte Ursache noch eine wirksame Behandlung. Bei einigen Betroffenen bessert sich der Zustand im Laufe der Zeit, bei anderen verschlechtert er sich. Eine vollständige Genesung ist selten, außer bei Kindern und Jugendlichen und in frühen Stadien der Krankheit.
Symptome
Das Hauptmerkmal von ME/CFS ist eine Zustandsverschlechterung der Krankheit nach körperlicher oder geistiger Aktivität. Betroffene haben nur begrenzt Energie und wenn sie sich überlasten, verschlimmern sich ihre Symptome. Die Verschlechterung kann Stunden oder Tage später eintreten und lange andauern. Ruhe oder Schlaf verschaffen dabei kaum Linderung. Dies wird als postexertionelle Malaise bezeichnet.
Die Erschöpfung bei ME/CFS unterscheidet sich von gewöhnlicher Müdigkeit oder Schläfrigkeit. Sie ist eine überwältigende Erschöpfung, die die Betroffenen daran hindert, ein normales Leben zu führen. Andere häufige Symptome sind ein grippeähnliches Gefühl, Schlafprobleme, Magen-Darm-Beschwerden, Schmerzen sowie Denk- und Konzentrationsprobleme.
Viele Erkrankte vertragen normale Geräusch-, Licht-, Geruchs- oder Berührungsreize nicht. Diese können ihren Zustand verschlechtern. Die meisten fühlen sich außerdem zunehmend schlechter, je länger sie aufrecht sitzen oder stehen. Dies wird als orthostatische Intoleranz bezeichnet. Viele müssen einen Großteil des Tages liegend verbringen oder die Füße hochlegen.
Betroffene sehen oft nicht krank aus, sind aber häufig stark beeinträchtigt. Die Erkrankung macht es schwer oder unmöglich einer Arbeit nachzugehen, eine Ausbildung zu absolvieren, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen oder Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Einige sind teilweise oder vollständig an ihr Zuhause gebunden.
Die am schwersten erkrankten ME/CFS-Betroffenen sind bettlägerig und brauchen Hilfe bei der Körperpflege, wie beim Baden, auf die Toilette gehen oder Anziehen. Viele müssen sich in einem dunklen, stillen Raum aufhalten, weil sie weder Licht noch Geräusche ertragen können. Manche haben zudem Probleme beim Essen und müssen in seltenen Fällen über eine Sonde ernährt werden.
Wer bekommt ME/CFS?
Etwa einer von 250 Menschen leidet an ME/CFS. Die Krankheit betrifft Kinder, Erwachsene und ältere Menschen aus allen sozialen und ethnischen Gruppen.
Rund drei Viertel der diagnostizierten Betroffenen sind Frauen. Vor der Pubertät tritt ME/CFS seltener auf. In manchen Familien sind mehrere Mitglieder betroffen, doch bisher wurden keine Gene identifiziert, die eindeutig mit der Krankheit in Verbindung stehen.
ME/CFS tritt häufig nach einer Infektion auf, zum Beispiel nach dem Pfeifferschen Drüsenfieber oder COVID-19.
Diagnose
Die Ursachen und biologischen Mechanismen von ME/CFS sind bislang nicht geklärt. Es gibt keinen Labortest, der die Krankheit eindeutig nachweisen kann. Die Diagnose erfolgt durch die Beurteilung des typischen Musters und weiteren Verlaufs der Symptome. Die Symptome müssen stark genug sein, um den Alltag zu beeinträchtigen, und sie müssen über mehrere Monate bestehen. Ärztinnen und Ärzte führen körperliche Untersuchungen und Labortests durch, um andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen auszuschließen.
Behandlung
Derzeit gibt es keine bekannte Heilung oder wirksame Behandlung für ME/CFS. Stattdessen werden einzelne Symptome wie Schlafprobleme oder Schmerzen behandelt. Viele Betroffene finden es hilfreich, ihre Aktivitäten zu planen und ihre Energiegrenzen einzuhalten, um eine Zustandsverschlechterung nach Belastung (post-exertionelle Malaise) zu vermeiden.
Ein Rehabilitationsansatz bei ME/CFS ermutigt Betroffene, ihre Aktivitäten im Laufe der Zeit schrittweise zu steigern. Damit soll versucht werden, ihnen zu helfen, zu einem normalen Aktivitätsniveau zurückzukehren. Eine derartige Behandlung, die „Aktivierungstherapie”, ist umfassend untersucht worden und hat sich als nicht hilfreich erwiesen. In großen Erhebungen haben viele Menschen berichtet, dass es ihnen danach zunehmend schlechter ging. Es gibt keine Belege dafür, dass andere Varianten, wie das „pacing up“, wirksam oder sicher sind. Einige Leitlinien raten von diesem Ansatz ab.
Die kognitive Verhaltenstherapie, die darauf abzielt, Denk- und Verhaltensmuster zu verändern, wird manchmal bei ME/CFS eingesetzt, hat sich in Studien jedoch nicht als wirksam erwiesen.
Krankheitsverlauf
ME/CFS kann plötzlich oder allmählich beginnen. Die Symptome verändern sich oft im Laufe der Zeit in Art und Schwere.
Langfristig bessert sich der Zustand bei einigen Erkrankten, bei anderen bleibt er gleich oder verschlechtert sich. Eine vollständige Genesung ist selten, außer bei Kindern, Jugendlichen und in frühen Krankheitsstadien. Für die meisten Betroffenen ist ME/CFS eine chronische Erkrankung.
Fact Sheet 2
Post-exertionelle Malaise (PEM)
Übersicht
Nach körperlicher oder geistiger Anstrengung erleben Betroffene mit ME/CFS Episoden, in denen eine ausgeprägte Verstärkung aller Symptome stattfindet. Dies wird als post-exertionelle Malaise (PEM) bezeichnet.
- PEM ist das Hauptmerkmal von ME/CFS und wichtig für die Diagnose.
- Aktivitäten wie ein kurzer Spaziergang oder das Lesen weniger Seiten eines Buches können PEM verursachen. Bei den Schwerstkranken reicht mitunter schon Kauen, um PEM hervorzurufen. Für viele lösen auch Licht, Geräusche und andere Sinnesreize PEM aus. Oft ist es die kumulative Wirkung aller Aktivitäten und Reize über einen Tag hinweg oder länger, die PEM auslöst.
- PEM beginnt normalerweise einige Stunden oder ein bis zwei Tage nach der Auslösung und kann mehrere Stunden, Tage, Wochen oder länger anhalten. Während dieser Zeit können Betroffene weniger leisten als sonst und benötigen Ruhe.
- Es gibt keine wirksame Behandlung für PEM.
- PEM ist nicht dasselbe wie Erschöpfung und Muskelkater, die jeder nach ungewohnter körperlicher Anstrengung erleben kann.
PEM Merkmale
Nach körperlicher oder geistiger Anstrengung sowie nach Sinnesreizen erleben ME/CFS-Betroffene Episoden, in denen eine ausgeprägte Verstärkung aller Symptome stattfindet. In dieser Zeit können sie weniger leisten als sonst.
Dies wird als post-exertionelle Malaise (PEM) bezeichnet. PEM ist das charakteristische Merkmal von ME/CFS und wichtig für die Diagnose.
Die Hauptmerkmale einer PEM-Phase sind:
- Die betroffene Person fühlt sich deutlich kränker. Die gewohnten Symptome verschlimmern sich stark und neue Symptome können auftreten.
- Die Leistungsfähigkeit ist stark eingeschränkt. Betroffene benötigen mehr Ruhe oder müssen sich sogar in einem stillen und dunklen Raum hinlegen, bis die Episode abgeklungen ist.
- Der Beginn von PEM ist typischerweise verzögert und tritt erst einige Stunden oder Tage nach Belastung ein.
- Dauer und Schwere einer PEM-Episode stehen in keinem Verhältnis zum Auslöser oder der Intensität einer Aktivität. Eine Episode kann mehrere Stunden dauern, häufiger aber einige Tage, Wochen oder noch länger anhalten.
PEM Symptome
Das Wort „Malaise“ ist ein medizinischer Begriff und bedeutet „sich krank fühlen“. ME/CFS-Betroffene fühlen sich ohnehin krank, bei PEM bedeutet „Malaise“, dass sie sich stärker krank fühlen als sonst. Bestehende Symptome wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Schwierigkeiten beim Aufrechtsein und Schmerzen verschlimmern sich in der Regel. Viele Betroffene bekommen zudem zusätzliche Symptome, die nur während PEM auftreten, zum Beispiel Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Übelkeit oder grippeähnliche Beschwerden.
Das Muster der PEM-Symptome kann von Person zu Person unterschiedlich sein und sich im Laufe der Zeit oder bei verschiedenen Auslösern verändern. Die Art des Auslösers hängt oft nicht direkt mit den nachfolgenden PEM-Symptomen zusammen. Zum Beispiel kann bei einer Person PEM, ausgelöst durch konzentriertes Lesen, Muskelschmerzen und Schwierigkeiten beim Gehen verursachen.
Anstrengung und andere Auslöser von PEM
Viele denken bei Anstrengung an Tätigkeiten wie Rennen, Gewichte heben oder eine Prüfung schreiben, aber das Maß an Anstrengung, das bei ME/CFS - Erkrankten PEM auslösen kann, ist sehr gering. Körperliche Anstrengungen wie sich anzuziehen oder sich hinzusetzen, sowie geistige Anstrengungen wie einen kurzen Text lesen, können PEM auslösen.
Der Begriff „Anstrengung“ im Ausdruck post-exertionelle Malaise bezieht sich normalerweise auf körperliche oder geistige Aktivität oder Anstrengung. Viele Erkrankte erleben jedoch auch PEM-Phasen, die durch Reize wie Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen, Temperaturwechsel oder Vibrationen ausgelöst werden. Einige berichten, dass auch starke positive oder negative Emotionen PEM hervorrufen können.
Schon einzelne Reize oder Aktivitäten können PEM auslösen, doch oft wird eine Episode durch die Gesamtbelastung über mehrere Stunden oder Tage ausgelöst. Tätigkeiten wie gleichzeitig gehen und sprechen oder essen bei eingeschaltetem Licht können in Kombination zu PEM führen. Manche merken nicht, dass sie bereits PEM ausgelöst haben, und setzen ihre Aktivitäten während der verzögerten PEM-Einsetzung fort, was die Symptome verschlimmert.
Die Menge an Aktivität, die Betroffene ausüben können, ohne PEM auszulösen, wird manchmal als PEM‑„Grenze“, „Schwelle“, „Baseline“ oder „energy envelope“ bezeichnet. Diese Begriffe sind jedoch nicht immer hilfreich, da sie fälschlicherweise eine feste und bekannte Grenze suggerieren.
Die individuelle Grenze kann von Tag zu Tag schwanken und sie lässt sich nur anhand eigener Erfahrungen, der kürzlich ausgeübten Aktivitäten und der Symptome einschätzen. Wie die Anstrengung über den Tag verteilt wird und ob Pausen vor, während und nach einer Aktivität möglich sind, beeinflusst, ob PEM auftritt.
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Belastbarkeit gegenüber Anstrengung oder Sinnesreizen, die PEM auslösen, durch langsames Steigern verbessert werden kann. Ebenso ist nicht bewiesen, dass sich dadurch die Gesundheit verbessert. Viele berichten, dass Maßnahmen wie die sogenannte Aktivierungstherapie ihren Zustand deutlich verschlechtern.
Auswirkungen von Anstrengung, die keine PEM sind
ME/CFS-Betroffene ermüden schnell durch körperliche und geistige Anstrengung; dies kann es schwer oder unmöglich machen, eine Aktivität fortzusetzen, und wird als Ermüdungsanfälligkeit (fatiguability) bezeichnet. Andere Symptome wie Schmerzen und Schwierigkeiten beim Aufrechtsein können während und direkt nach der Aktivität ebenfalls zunehmen. Wenn diese unmittelbaren Effekte durch Ruhe gelindert werden und nur Minuten bis etwa eine Stunde anhalten, werden sie normalerweise nicht als PEM bezeichnet. Es ist nicht bekannt, ob diese kurzfristigen Symptome Teil desselben Prozesses wie PEM sind.
Menschen mit Herz- oder Lungenerkrankungen müssen möglicherweise wegen Atemnot oder Brustschmerzen, die sich durch Ruhe bessern, das Training abbrechen. Dies nennt man Belastungsintoleranz, die sich von PEM unterscheidet.
Jeder, der mehr körperliche Aktivität ausübt als gewohnt, wie zum Beispiel insbesondere Menschen mit schlechter Kondition, kann verzögerten Muskelkater und Erschöpfung für ein bis zwei Tage danach erleben. Muskelkater und post-exertionelle Fatigue (PEF) sind nicht dasselbe wie PEM. ME/CFS und PEM werden nicht durch Dekonditionierung verursacht.
Manche Beschreibungen von PEM fassen es fälschlicherweise einfach als „Symptome oder Müdigkeit nach Anstrengung“ zusammen. Erkrankte erleben zwar oft sofortige, kurzfristige Symptomzunahmen, Belastungsintoleranz, Muskelkater und PEF, aber diese sind nicht mit PEM gleichzusetzen. Keiner dieser anderen Effekte erreicht die Schwere der Symptome, den Funktionsverlust, den verzögerten Beginn und die lange Dauer einer PEM-Episode. Die Unterscheidung zwischen PEM und anderen Anstrengungseffekten ist wichtig für Diagnose und Behandlung der Erkrankung.
Leben mit PEM
PEM-Episoden machen die ohnehin schon stark einschränkende Krankheit noch schwerer erträglich. PEM kann von unangenehm bis unerträglich reichen. Manche nennen eine PEM-Episode einen „Crash“. PEM kann sich über einige Stunden bis hin zu mehreren Tagen, Wochen oder sogar noch länger hinziehen. Es gibt keine Behandlung für PEM. Betroffene müssen ihre Aktivitäten weit mehr als sonst reduzieren oder sich komplett ausruhen, bis die PEM-Episode vorbei ist.
Für ME/CFS-Erkrankte ist es oft schwer oder unmöglich, PEM zu vermeiden, da das Maß an Anstrengung, das PEM auslöst, häufig niedriger ist als das, was sie für das tägliche Leben trotz Unterstützung benötigen. Die Menge an Aktivität und Reizen, die jemand tolerieren kann, ist manchmal so gering, dass PEM schon durch einfache Grundtätigkeiten wie Sprechen oder Waschen unvermeidbar wird. Faktoren außerhalb der eigenen Kontrolle, wie Arbeits- oder Familienanforderungen, Infektionen oder Sinnesreize wie Hitze oder ein lauter Nachbar, können ebenfalls PEM auslösen.
Diese Herausforderungen führen häufig zu wiederkehrenden PEM-Episoden, die manchmal als „Push-Crash-Zyklen“ bezeichnet werden. Einige Betroffene berichten, dass sich ihr ME/CFS durch wiederholte PEM-Episoden deutlich verschlechtert hat.
Da Erkrankte nicht wissen, wann PEM eintritt, ist es für sie schwierig bis unmöglich, Aktivitäten (Arzttermine etc.) im Voraus zu planen. Viele Betroffene nehmen PEM in Kauf, um Dinge zu erledigen, die ihr Leben lebenswert oder überhaupt erst möglich machen. Dies kann zum Beispiel ein Antrag auf finanzielle Unterstützung oder ein Familienfest sein.
Viele Erkrankte benötigen Unterstützung bei Haushaltsarbeiten, manche auch bei der Körperpflege. Pflegepersonen können helfen, indem sie sich über PEM und die individuellen Auslöser informieren und ihre Hilfe entsprechend anpassen. Beispielsweise sollten sie auf Parfüm verzichten, während der Körperpflege nicht mit der Person sprechen und praktische Unterstützung leisten sowie eine reizarme Umgebung schaffen, damit sich die Betroffenen während einer PEM-Episode so lange wie nötig erholen können.
Beispiele für PEM
Dies sind Beispiele dafür, wie PEM bei ME/CFS-Betroffenen je nach Schweregrad der Erkrankung aussehen kann:
- Eine Person schafft es, ein paar Stunden am Tag von zu Hause aus zu arbeiten, solange Arbeitszeiten flexibel gestaltet sind und sie nur dann arbeitet, wenn sie dazu in der Lage ist. Nach ein paar Stunden konzentrierter Arbeit ist sie trotz Pausen erschöpft und hat stärkere Schmerzen, die sich durch weitere Ruhe bessern. Diese kurze Verschlechterung ist kein PEM. Wenn sie jedoch an einem Arbeitstag zusätzlich duscht oder eine Mahlzeit zubereitet, löst die zusätzliche Anstrengung PEM aus, zum Beispiel mit starken Kopfschmerzen und Übelkeit. Dies führt dazu, dass sie mehrere Tage nicht mehr arbeiten kann.
- Jemand kann noch in Teilzeit arbeiten, kämpft jedoch mit Konzentrationsproblemen, Schmerzen und Erschöpfung. Nach ein paar Tagen Arbeit verbringt diese Person oft mehrere Tage im Bett, mit grippeähnlichen Symptomen, begleitet von starken Hals- und Magenschmerzen. Nach Monaten wiederholter PEM-Episoden verschlimmert sich ihr Zustand und sie kann nicht mehr zur Arbeit zurückkehren.
- Eine Person kann nicht mehr arbeiten und ist zu krank, um das Haus regelmäßig zu verlassen. Sie benötigt Hilfe bei der Hausarbeit. Nach einem Mittagessen mit Freunden ist sie eine Woche ans Bett gebunden, mit verstärkten Schmerzen und Übelkeit. Sie kann sich nicht aufs Lesen konzentrieren und fühlt sich zunehmend schlechter, wenn sie versucht aufzustehen. Es dauert eine weitere Woche, bis sie sich wieder gut genug fühlt, um das Haus für einen kurzen Besuch zu verlassen.
- Jemand ist so schwer erkrankt, dass er bettlägerig ist und keine normalen Aktivitäten mehr ausführen kann. Die Person erlebt häufig lange Episoden von PEM, die sich durch jeden noch so kleinen Reiz oder jede minimale Anstrengung verschlimmern. Diese Person benötigt rund um die Uhr Betreuung beim Waschen, Essen und bei Toilettengängen. Sie muss regungslos in völliger Dunkelheit und Stille liegen.
Forschung zu PEM
Die biologischen Ursachen von ME/CFS und PEM sind bisher unbekannt. Wissenschaftler haben untersucht, wie sich Anstrengung auf Menschen mit ME/CFS auswirkt, indem sie biologische Messwerte während und nach Belastung erfasst haben. In kleinen Studien wurden Unterschiede zu gesunden Personen festgestellt, die jedoch in größeren Studien bestätigt werden müssen. Neue Forschungsansätze sind erforderlich.
Die Informationen in diesem Faktenblatt beruhen auf offiziellen Definitionen von PEM in den Richtlinien Großbritanniens und der USA.
Außerdem stützen sie sich auf Studien, in denen PEM durch Belastungstests ausgelöst wurde.
Hinzu kommen Untersuchungen zu den Erfahrungen von Betroffenen sowie Umfrageergebnisse zu den schädlichen Auswirkungen von Aktivierungstherapien.
Ebenfalls berücksichtigt wurden zahlreiche Erfahrungsberichte von ME/CFS-Betroffenen aller Schweregrade.
Fact Sheet 1
Was ist ME/CFS?
Übersicht
- ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) ist eine Krankheit, die das Leben der Betroffenen erheblich, oft schwerwiegend und in der Regel langfristig beeinträchtigt.
- Die Krankheit betrifft etwa einen von 250 Menschen, darunter auch Kinder.
- Zu den Symptomen gehören Unwohlsein und Erschöpfung, Schwierigkeiten aufrecht zu stehen oder zu sitzen, Schmerzen, sowie Denk- und Konzentrationsprobleme.
- Auf körperliche oder geistige Aktivität kann Stunden oder Tage später eine lang anhaltende Verschlimmerung der Krankheit folgen. Dies wird als post-exertionelle Malaise bezeichnet.
- ME/CFS macht es schwierig oder unmöglich einer Arbeit nachzugehen, die Schule zu besuchen oder ein soziales Leben zu führen. Einige Betroffene sind ans Haus oder ans Bett gebunden.
- Es gibt weder eine bekannte Ursache noch eine wirksame Behandlung. Bei einigen Betroffenen bessert sich der Zustand im Laufe der Zeit, bei anderen verschlechtert er sich. Eine vollständige Genesung ist selten, außer bei Kindern und Jugendlichen und in frühen Stadien der Krankheit.
Symptome
Das Hauptmerkmal von ME/CFS ist eine Zustandsverschlechterung der Krankheit nach körperlicher oder geistiger Aktivität. Betroffene haben nur begrenzt Energie und wenn sie sich überlasten, verschlimmern sich ihre Symptome. Die Verschlechterung kann Stunden oder Tage später eintreten und lange andauern. Ruhe oder Schlaf verschaffen dabei kaum Linderung. Dies wird als postexertionelle Malaise bezeichnet.
Die Erschöpfung bei ME/CFS unterscheidet sich von gewöhnlicher Müdigkeit oder Schläfrigkeit. Sie ist eine überwältigende Erschöpfung, die die Betroffenen daran hindert, ein normales Leben zu führen. Andere häufige Symptome sind ein grippeähnliches Gefühl, Schlafprobleme, Magen-Darm-Beschwerden, Schmerzen sowie Denk- und Konzentrationsprobleme.
Viele Erkrankte vertragen normale Geräusch-, Licht-, Geruchs- oder Berührungsreize nicht. Diese können ihren Zustand verschlechtern. Die meisten fühlen sich außerdem zunehmend schlechter, je länger sie aufrecht sitzen oder stehen. Dies wird als orthostatische Intoleranz bezeichnet. Viele müssen einen Großteil des Tages liegend verbringen oder die Füße hochlegen.
Betroffene sehen oft nicht krank aus, sind aber häufig stark beeinträchtigt. Die Erkrankung macht es schwer oder unmöglich einer Arbeit nachzugehen, eine Ausbildung zu absolvieren, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen oder Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Einige sind teilweise oder vollständig an ihr Zuhause gebunden.
Die am schwersten erkrankten ME/CFS-Betroffenen sind bettlägerig und brauchen Hilfe bei der Körperpflege, wie beim Baden, auf die Toilette gehen oder Anziehen. Viele müssen sich in einem dunklen, stillen Raum aufhalten, weil sie weder Licht noch Geräusche ertragen können. Manche haben zudem Probleme beim Essen und müssen in seltenen Fällen über eine Sonde ernährt werden.
Wer bekommt ME/CFS?
Etwa einer von 250 Menschen leidet an ME/CFS. Die Krankheit betrifft Kinder, Erwachsene und ältere Menschen aus allen sozialen und ethnischen Gruppen.
Rund drei Viertel der diagnostizierten Betroffenen sind Frauen. Vor der Pubertät tritt ME/CFS seltener auf. In manchen Familien sind mehrere Mitglieder betroffen, doch bisher wurden keine Gene identifiziert, die eindeutig mit der Krankheit in Verbindung stehen.
ME/CFS tritt häufig nach einer Infektion auf, zum Beispiel nach dem Pfeifferschen Drüsenfieber oder COVID-19.
Diagnose
Die Ursachen und biologischen Mechanismen von ME/CFS sind bislang nicht geklärt. Es gibt keinen Labortest, der die Krankheit eindeutig nachweisen kann. Die Diagnose erfolgt durch die Beurteilung des typischen Musters und weiteren Verlaufs der Symptome. Die Symptome müssen stark genug sein, um den Alltag zu beeinträchtigen, und sie müssen über mehrere Monate bestehen. Ärztinnen und Ärzte führen körperliche Untersuchungen und Labortests durch, um andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen auszuschließen.
Behandlung
Derzeit gibt es keine bekannte Heilung oder wirksame Behandlung für ME/CFS. Stattdessen werden einzelne Symptome wie Schlafprobleme oder Schmerzen behandelt. Viele Betroffene finden es hilfreich, ihre Aktivitäten zu planen und ihre Energiegrenzen einzuhalten, um eine Zustandsverschlechterung nach Belastung (post-exertionelle Malaise) zu vermeiden.
Ein Rehabilitationsansatz bei ME/CFS ermutigt Betroffene, ihre Aktivitäten im Laufe der Zeit schrittweise zu steigern. Damit soll versucht werden, ihnen zu helfen, zu einem normalen Aktivitätsniveau zurückzukehren. Eine derartige Behandlung, die „Aktivierungstherapie”, ist umfassend untersucht worden und hat sich als nicht hilfreich erwiesen. In großen Erhebungen haben viele Menschen berichtet, dass es ihnen danach zunehmend schlechter ging. Es gibt keine Belege dafür, dass andere Varianten, wie das „pacing up“, wirksam oder sicher sind. Einige Leitlinien raten von diesem Ansatz ab.
Die kognitive Verhaltenstherapie, die darauf abzielt, Denk- und Verhaltensmuster zu verändern, wird manchmal bei ME/CFS eingesetzt, hat sich in Studien jedoch nicht als wirksam erwiesen.
Krankheitsverlauf
ME/CFS kann plötzlich oder allmählich beginnen. Die Symptome verändern sich oft im Laufe der Zeit in Art und Schwere.
Langfristig bessert sich der Zustand bei einigen Erkrankten, bei anderen bleibt er gleich oder verschlechtert sich. Eine vollständige Genesung ist selten, außer bei Kindern, Jugendlichen und in frühen Krankheitsstadien. Für die meisten Betroffenen ist ME/CFS eine chronische Erkrankung.
Fact Sheet 2
Post-exertionelle Malaise (PEM)
Übersicht
Nach körperlicher oder geistiger Anstrengung erleben Betroffene mit ME/CFS Episoden, in denen eine ausgeprägte Verstärkung aller Symptome stattfindet. Dies wird als post-exertionelle Malaise (PEM) bezeichnet.
- PEM ist das Hauptmerkmal von ME/CFS und wichtig für die Diagnose.
- Aktivitäten wie ein kurzer Spaziergang oder das Lesen weniger Seiten eines Buches können PEM verursachen. Bei den Schwerstkranken reicht mitunter schon Kauen, um PEM hervorzurufen. Für viele lösen auch Licht, Geräusche und andere Sinnesreize PEM aus. Oft ist es die kumulative Wirkung aller Aktivitäten und Reize über einen Tag hinweg oder länger, die PEM auslöst.
- PEM beginnt normalerweise einige Stunden oder ein bis zwei Tage nach der Auslösung und kann mehrere Stunden, Tage, Wochen oder länger anhalten. Während dieser Zeit können Betroffene weniger leisten als sonst und benötigen Ruhe.
- Es gibt keine wirksame Behandlung für PEM.
- PEM ist nicht dasselbe wie Erschöpfung und Muskelkater, die jeder nach ungewohnter körperlicher Anstrengung erleben kann.
PEM Merkmale
Nach körperlicher oder geistiger Anstrengung sowie nach Sinnesreizen erleben ME/CFS-Betroffene Episoden, in denen eine ausgeprägte Verstärkung aller Symptome stattfindet. In dieser Zeit können sie weniger leisten als sonst.
Dies wird als post-exertionelle Malaise (PEM) bezeichnet. PEM ist das charakteristische Merkmal von ME/CFS und wichtig für die Diagnose.
Die Hauptmerkmale einer PEM-Phase sind:
- Die betroffene Person fühlt sich deutlich kränker. Die gewohnten Symptome verschlimmern sich stark und neue Symptome können auftreten.
- Die Leistungsfähigkeit ist stark eingeschränkt. Betroffene benötigen mehr Ruhe oder müssen sich sogar in einem stillen und dunklen Raum hinlegen, bis die Episode abgeklungen ist.
- Der Beginn von PEM ist typischerweise verzögert und tritt erst einige Stunden oder Tage nach Belastung ein.
- Dauer und Schwere einer PEM-Episode stehen in keinem Verhältnis zum Auslöser oder der Intensität einer Aktivität. Eine Episode kann mehrere Stunden dauern, häufiger aber einige Tage, Wochen oder noch länger anhalten.
PEM Symptome
Das Wort „Malaise“ ist ein medizinischer Begriff und bedeutet „sich krank fühlen“. ME/CFS-Betroffene fühlen sich ohnehin krank, bei PEM bedeutet „Malaise“, dass sie sich stärker krank fühlen als sonst. Bestehende Symptome wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Schwierigkeiten beim Aufrechtsein und Schmerzen verschlimmern sich in der Regel. Viele Betroffene bekommen zudem zusätzliche Symptome, die nur während PEM auftreten, zum Beispiel Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Übelkeit oder grippeähnliche Beschwerden.
Das Muster der PEM-Symptome kann von Person zu Person unterschiedlich sein und sich im Laufe der Zeit oder bei verschiedenen Auslösern verändern. Die Art des Auslösers hängt oft nicht direkt mit den nachfolgenden PEM-Symptomen zusammen. Zum Beispiel kann bei einer Person PEM, ausgelöst durch konzentriertes Lesen, Muskelschmerzen und Schwierigkeiten beim Gehen verursachen.
Anstrengung und andere Auslöser von PEM
Viele denken bei Anstrengung an Tätigkeiten wie Rennen, Gewichte heben oder eine Prüfung schreiben, aber das Maß an Anstrengung, das bei ME/CFS - Erkrankten PEM auslösen kann, ist sehr gering. Körperliche Anstrengungen wie sich anzuziehen oder sich hinzusetzen, sowie geistige Anstrengungen wie einen kurzen Text lesen, können PEM auslösen.
Der Begriff „Anstrengung“ im Ausdruck post-exertionelle Malaise bezieht sich normalerweise auf körperliche oder geistige Aktivität oder Anstrengung. Viele Erkrankte erleben jedoch auch PEM-Phasen, die durch Reize wie Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen, Temperaturwechsel oder Vibrationen ausgelöst werden. Einige berichten, dass auch starke positive oder negative Emotionen PEM hervorrufen können.
Schon einzelne Reize oder Aktivitäten können PEM auslösen, doch oft wird eine Episode durch die Gesamtbelastung über mehrere Stunden oder Tage ausgelöst. Tätigkeiten wie gleichzeitig gehen und sprechen oder essen bei eingeschaltetem Licht können in Kombination zu PEM führen. Manche merken nicht, dass sie bereits PEM ausgelöst haben, und setzen ihre Aktivitäten während der verzögerten PEM-Einsetzung fort, was die Symptome verschlimmert.
Die Menge an Aktivität, die Betroffene ausüben können, ohne PEM auszulösen, wird manchmal als PEM‑„Grenze“, „Schwelle“, „Baseline“ oder „energy envelope“ bezeichnet. Diese Begriffe sind jedoch nicht immer hilfreich, da sie fälschlicherweise eine feste und bekannte Grenze suggerieren.
Die individuelle Grenze kann von Tag zu Tag schwanken und sie lässt sich nur anhand eigener Erfahrungen, der kürzlich ausgeübten Aktivitäten und der Symptome einschätzen. Wie die Anstrengung über den Tag verteilt wird und ob Pausen vor, während und nach einer Aktivität möglich sind, beeinflusst, ob PEM auftritt.
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Belastbarkeit gegenüber Anstrengung oder Sinnesreizen, die PEM auslösen, durch langsames Steigern verbessert werden kann. Ebenso ist nicht bewiesen, dass sich dadurch die Gesundheit verbessert. Viele berichten, dass Maßnahmen wie die sogenannte Aktivierungstherapie ihren Zustand deutlich verschlechtern.
Auswirkungen von Anstrengung, die keine PEM sind
ME/CFS-Betroffene ermüden schnell durch körperliche und geistige Anstrengung; dies kann es schwer oder unmöglich machen, eine Aktivität fortzusetzen, und wird als Ermüdungsanfälligkeit (fatiguability) bezeichnet. Andere Symptome wie Schmerzen und Schwierigkeiten beim Aufrechtsein können während und direkt nach der Aktivität ebenfalls zunehmen. Wenn diese unmittelbaren Effekte durch Ruhe gelindert werden und nur Minuten bis etwa eine Stunde anhalten, werden sie normalerweise nicht als PEM bezeichnet. Es ist nicht bekannt, ob diese kurzfristigen Symptome Teil desselben Prozesses wie PEM sind.
Menschen mit Herz- oder Lungenerkrankungen müssen möglicherweise wegen Atemnot oder Brustschmerzen, die sich durch Ruhe bessern, das Training abbrechen. Dies nennt man Belastungsintoleranz, die sich von PEM unterscheidet.
Jeder, der mehr körperliche Aktivität ausübt als gewohnt, wie zum Beispiel insbesondere Menschen mit schlechter Kondition, kann verzögerten Muskelkater und Erschöpfung für ein bis zwei Tage danach erleben. Muskelkater und post-exertionelle Fatigue (PEF) sind nicht dasselbe wie PEM. ME/CFS und PEM werden nicht durch Dekonditionierung verursacht.
Manche Beschreibungen von PEM fassen es fälschlicherweise einfach als „Symptome oder Müdigkeit nach Anstrengung“ zusammen. Erkrankte erleben zwar oft sofortige, kurzfristige Symptomzunahmen, Belastungsintoleranz, Muskelkater und PEF, aber diese sind nicht mit PEM gleichzusetzen. Keiner dieser anderen Effekte erreicht die Schwere der Symptome, den Funktionsverlust, den verzögerten Beginn und die lange Dauer einer PEM-Episode. Die Unterscheidung zwischen PEM und anderen Anstrengungseffekten ist wichtig für Diagnose und Behandlung der Erkrankung.
Leben mit PEM
PEM-Episoden machen die ohnehin schon stark einschränkende Krankheit noch schwerer erträglich. PEM kann von unangenehm bis unerträglich reichen. Manche nennen eine PEM-Episode einen „Crash“. PEM kann sich über einige Stunden bis hin zu mehreren Tagen, Wochen oder sogar noch länger hinziehen. Es gibt keine Behandlung für PEM. Betroffene müssen ihre Aktivitäten weit mehr als sonst reduzieren oder sich komplett ausruhen, bis die PEM-Episode vorbei ist.
Für ME/CFS-Erkrankte ist es oft schwer oder unmöglich, PEM zu vermeiden, da das Maß an Anstrengung, das PEM auslöst, häufig niedriger ist als das, was sie für das tägliche Leben trotz Unterstützung benötigen. Die Menge an Aktivität und Reizen, die jemand tolerieren kann, ist manchmal so gering, dass PEM schon durch einfache Grundtätigkeiten wie Sprechen oder Waschen unvermeidbar wird. Faktoren außerhalb der eigenen Kontrolle, wie Arbeits- oder Familienanforderungen, Infektionen oder Sinnesreize wie Hitze oder ein lauter Nachbar, können ebenfalls PEM auslösen.
Diese Herausforderungen führen häufig zu wiederkehrenden PEM-Episoden, die manchmal als „Push-Crash-Zyklen“ bezeichnet werden. Einige Betroffene berichten, dass sich ihr ME/CFS durch wiederholte PEM-Episoden deutlich verschlechtert hat.
Da Erkrankte nicht wissen, wann PEM eintritt, ist es für sie schwierig bis unmöglich, Aktivitäten (Arzttermine etc.) im Voraus zu planen. Viele Betroffene nehmen PEM in Kauf, um Dinge zu erledigen, die ihr Leben lebenswert oder überhaupt erst möglich machen. Dies kann zum Beispiel ein Antrag auf finanzielle Unterstützung oder ein Familienfest sein.
Viele Erkrankte benötigen Unterstützung bei Haushaltsarbeiten, manche auch bei der Körperpflege. Pflegepersonen können helfen, indem sie sich über PEM und die individuellen Auslöser informieren und ihre Hilfe entsprechend anpassen. Beispielsweise sollten sie auf Parfüm verzichten, während der Körperpflege nicht mit der Person sprechen und praktische Unterstützung leisten sowie eine reizarme Umgebung schaffen, damit sich die Betroffenen während einer PEM-Episode so lange wie nötig erholen können.
Beispiele für PEM
Dies sind Beispiele dafür, wie PEM bei ME/CFS-Betroffenen je nach Schweregrad der Erkrankung aussehen kann:
- Eine Person schafft es, ein paar Stunden am Tag von zu Hause aus zu arbeiten, solange Arbeitszeiten flexibel gestaltet sind und sie nur dann arbeitet, wenn sie dazu in der Lage ist. Nach ein paar Stunden konzentrierter Arbeit ist sie trotz Pausen erschöpft und hat stärkere Schmerzen, die sich durch weitere Ruhe bessern. Diese kurze Verschlechterung ist kein PEM. Wenn sie jedoch an einem Arbeitstag zusätzlich duscht oder eine Mahlzeit zubereitet, löst die zusätzliche Anstrengung PEM aus, zum Beispiel mit starken Kopfschmerzen und Übelkeit. Dies führt dazu, dass sie mehrere Tage nicht mehr arbeiten kann.
- Jemand kann noch in Teilzeit arbeiten, kämpft jedoch mit Konzentrationsproblemen, Schmerzen und Erschöpfung. Nach ein paar Tagen Arbeit verbringt diese Person oft mehrere Tage im Bett, mit grippeähnlichen Symptomen, begleitet von starken Hals- und Magenschmerzen. Nach Monaten wiederholter PEM-Episoden verschlimmert sich ihr Zustand und sie kann nicht mehr zur Arbeit zurückkehren.
- Eine Person kann nicht mehr arbeiten und ist zu krank, um das Haus regelmäßig zu verlassen. Sie benötigt Hilfe bei der Hausarbeit. Nach einem Mittagessen mit Freunden ist sie eine Woche ans Bett gebunden, mit verstärkten Schmerzen und Übelkeit. Sie kann sich nicht aufs Lesen konzentrieren und fühlt sich zunehmend schlechter, wenn sie versucht aufzustehen. Es dauert eine weitere Woche, bis sie sich wieder gut genug fühlt, um das Haus für einen kurzen Besuch zu verlassen.
- Jemand ist so schwer erkrankt, dass er bettlägerig ist und keine normalen Aktivitäten mehr ausführen kann. Die Person erlebt häufig lange Episoden von PEM, die sich durch jeden noch so kleinen Reiz oder jede minimale Anstrengung verschlimmern. Diese Person benötigt rund um die Uhr Betreuung beim Waschen, Essen und bei Toilettengängen. Sie muss regungslos in völliger Dunkelheit und Stille liegen.
Forschung zu PEM
Die biologischen Ursachen von ME/CFS und PEM sind bisher unbekannt. Wissenschaftler haben untersucht, wie sich Anstrengung auf Menschen mit ME/CFS auswirkt, indem sie biologische Messwerte während und nach Belastung erfasst haben. In kleinen Studien wurden Unterschiede zu gesunden Personen festgestellt, die jedoch in größeren Studien bestätigt werden müssen. Neue Forschungsansätze sind erforderlich.
Die Informationen in diesem Faktenblatt beruhen auf offiziellen Definitionen von PEM in den Richtlinien Großbritanniens und der USA.
Außerdem stützen sie sich auf Studien, in denen PEM durch Belastungstests ausgelöst wurde.
Hinzu kommen Untersuchungen zu den Erfahrungen von Betroffenen sowie Umfrageergebnisse zu den schädlichen Auswirkungen von Aktivierungstherapien.
Ebenfalls berücksichtigt wurden zahlreiche Erfahrungsberichte von ME/CFS-Betroffenen aller Schweregrade.
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